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Schwangerschaft und Mutter sein mit Mukoviszidose

Zuletzt aktualisiert am 12.06.2023 von Constantin Borngesser

Artikel von Dr. Patience Eschenhagen aus der Flügelpost 78 – 2023

Die Zahl der Schwangerschaften bei Frauen mit CF ist in den vergangenen zehn Jahren stetig angewachsen. Dies ist sicherlich mit der Verbesserung des allgemeinen Gesundheitszustandes und der Lebensqualität vieler Menschen mit CF zu erklären. Für einen großen Teil der Betroffenen sind heute außerdem hochwirksame CFTR-Modulatortherapien verfügbar, die zu einem weiteren starken Anstieg geführt haben. Entsprechend zeigen die Daten aus dem US-Register eine Verdopplung der Anzahl schwangerer Frauen mit CF im Jahr 2020 nach der Zulassung der Triple-Modulatortherapie 2019. Fast 40 Prozent davon sollen ungeplant gewesen sein. Dies zeigt, dass der plötzliche Fertilitätsschub für viele Frauen eine große Überraschung gewesen sein muss und die gesundheitliche Situation vieler Frauen eine Schwangerschaftsplanung noch nicht zuließ. Mittlerweile haben jedoch viele Frauen mit CF ihre Schwangerschaft ohne Probleme überstanden und es nehmen viele junge Frauen mit CF ihren Krankheitsverlauf als stabiler wahr, so dass sich heute 80% von ihnen ein oder mehrere Kinder wünschen. Angepasst an diese Entwicklung gibt es in den letzten Jahren zunehmend Untersuchungen zur optimalen Begleitung und Versorgung Schwangerer mit CF. Nachfolgend werde ich einige Aspekte auflisten.

Planung einer Schwangerschaft

Wenn Kinderwunsch besteht, ist es sinnvoll, vorab verschiedene Fragen zu klären: Wie steht es um die eigene Fertilität? Bei Frauen, die hochwirksame CFTR-Modulatoren einnehmen, ist eine Verbesserung der Fertilität zu erwarten. Wenn sich kein Nachwuchs einstellt, kann gerade, wenn keine Modulatortherapie erfolgt, die frühzeitige Vorstellung in einem Kinderwunschzentrum sinnvoll sein. Zudem sollte sich das Paar Gedanken darüber machen, ob es eine genetische Beratung mit Screening des Partners auf einen Trägerstatus wünscht, um das Risiko einer Erkrankung beim Kind einschätzen zu können. Der eigene Gesundheitsstatus sollte vor einer geplanten Schwangerschaft noch einmal gründlich geprüft werden, um behandlungsbedürftige Befunde oder Mangelzustände ggf. noch vor Schwangerschaftsbeginn behandeln zu können. Das gilt ganz besonders für Frauen mit Diabetes, weil dieser ein besonderes Risiko für den Fötus darstellt, wenn er nicht optimal eingestellt ist. Hier sollte die Versorgung noch einmal überprüft und ggf. angepasst werden. Vorteilhaft können eine kontinuierliche Blutzuckermessung oder eine Insulinpumpe mit oder ohne Closed-Loop-System* sein. Die Erhebung des gesundheitlichen Status ist auch relevant für die Einschätzung, ob eine Risikoschwangerschaft vorliegt und um die geburtshilfliche Planung vorzunehmen. Die Medikationsliste sollte gemeinsam mit dem Behandlungsteam auf ihre Sicherheit während der Schwangerschaft geprüft und ggf. angepasst werden. Außerdem ist zu empfehlen, sich vorab schon Gedanken darüber zu machen, ob es Familienmitglieder oder Freunde gibt, die sich als weitere Bezugspersonen für das Kind engagieren wollen und können. Diese von Anfang an regelmäßig in die Betreuung zu involvieren und das Kind dort gut aufgehoben zu wissen, kann in Phasen gesundheitlicher Verschlechterung mit erhöhtem Therapiebedarf oder bei Krankenhausaufenthalten ungeheuer entlastend sein. Schließlich stellt sich die Frage, ob in der Zukunft alle bisherigen Aufgaben (z.B. Job, Haushalt, symptomatische Therapie) durch die zukünftigen Eltern noch gleichermaßen bewältigt werden können oder ob schon Hilfsmöglichkeiten gesucht werden sollten.

Während der Schwangerschaft

Spätestens wenn eine Schwangerschaft festgestellt wurde, sollte gemeinsam mit dem ärztlichen Behandlungsteam die gesamte bisherige Medikation überprüft und bei nicht sicher risikofreien Medikamenten entschieden werden, ob es alternative Behandlungsmöglichkeiten gibt, ob während der Schwangerschaft auf diese Therapie verzichtet werden sollte oder ob der persönliche Nutzen das Risiko für das ungeborene Kind überwiegt. Für Schwangere mit Diabetes sollte die Blutzuckereinstellung intensiv geprüft werden. Frauen mit CF ohne bekannten Diabetes wird empfohlen, in jedem Schwangerschaftsdrittel einen oralen Glucosetoleranztest durchführen zu lassen, um einen Diabetes rechtzeitig erkennen und behandeln zu können. Im Verlauf der Schwangerschaft sollten neben den Besuchen in der gynäkologischen Praxis regelmäßige Vorstellungen in der CF-Ambulanz erfolgen.

CFTR-Modulatoren während der  Schwangerschaft: ja oder nein?

Vieles spricht dafür: Die bessere Gesundheit der Mutter mit häufig normalisiertem Gewicht, besserer Lungenfunktion und weniger pulmonalen Exazerbationen bietet dem Fötus günstigere Entwicklungsbedingungen. Die Schwangerschaft ist für die Mutter weniger belastend und sie startet gestärkter in die anstrengende Zeit mit einem kleinen Säugling, was wiederum vorteilhaft für dessen Versorgung ist. Die bisher verfügbaren Daten sprechen überwiegend dafür, dass CFTR-Modulatoren während der Schwangerschaft sicher angewendet werden kann. Trotzdem ist die Anzahl der beobachteten Schwangerschaften mit CFTR-Modulatoren heute noch zu klein, um abschließend über die Sicherheit für das ungeborene Kind urteilen zu können, so dass die Entscheidung aktuell noch in individueller Abwägung und nach den Wünschen der Schwangeren getroffen werden sollte.

Geburtsplanung

Die Planung der Geburt hängt insbesondere vom Ausmaß der Lungenerkrankung ab und sollte daher im Austausch zwischen Geburtshilfe und CF-Team erfolgen. Da bei der vaginalen Geburt starke Kreislaufschwankungen auftreten, wird Schwangeren mit einer fortgeschrittenen CF-Lungenerkrankung mit möglicher Rechtsherzbelastung meist eine geplante Kaiserschnittentbindung angeboten. Frauen mit einer milderen Lungenerkrankung (in der Regel mit einer FEV1 > 60% vom Soll) können jedoch auch spontan entbinden. Dabei kann eine Regionalanästhesie vorteilhaft sein, weil diese u.a. schmerzbedingte Kreislaufschwankungen abmildern und so zur sicheren Entbindung beitragen kann. Da Frauen mit CF und ihre Neugeborenen etwas häufiger Komplikationen während und nach der Geburt erfahren, empfiehlt sich die Entbindung in einer großen Geburtsklinik mit der Möglichkeit einer akuten, fachspezifischen intensiven Betreuung von Mutter und Kind.

Alle diese Erwägungen beruhen auf Erfahrungen und Untersuchungen vor der Ära der hochwirksamen Modulatortherapien. Welche Einflüsse CFTR-Modulatoren auf den Geburtsvorgang bei Schwangeren mit CF hat und ob sich andere Empfehlungen ergeben, wenn die Therapie mit CFTR-Modulatoren während der Schwangerschaft fortgeführt wird, ist heute noch nicht zu beantworten.

Nach der Geburt

Häufig stellt sich aufgrund des Gesundheitszustandes und aufgrund der medikamentösen Therapie der Mutter die Frage, ob das Baby gestillt werden kann. Bezüglich der mütterlichen Gesundheit ist zu bedenken, dass eine erhöhte Energiezufuhr notwendig ist, damit das Ausgangsgewicht gehalten werden kann. Dies sollte bei mütterlichem Untergewicht gegen die Vorteile für das Kind abgewogen werden. Ein möglicher Kompromiss kann sein, das Stillen auf wenige Tage oder Wochen zu beschränken. Bei einem normalen Ausgangsgewicht der Mutter spricht nichts gegen das Stillen. Aus praktischen Gründen kann es sinnvoll sein, frühzeitig regelmäßig Milch abzupumpen und vom anderen Elternteil per Flasche füttern zu lassen. Dies kann zum Beispiel zur Entlastung der Mutter in der Nacht beitragen und hilft im Falle der Notwendigkeit einer Therapie, für die das Stillen unterbrochen werden muss. Die allermeisten Medikamente für die Therapie der CF werden als sicher oder überwiegend sicher für Stillende angesehen. Für CFTR-Modulatoren gibt es mittlerweile einige Daten, die für eine abschließende Bewertung jedoch ebenfalls nicht ausreichen. Aktuell wird es als wahrscheinlich sicher beim Stillen angesehen und für stillende Mütter empfohlen, die gesundheitlich darauf angewiesen sind.

Mutter sein

Gerade im Zeitalter der hochwirksamen Modulatortherapien fühlen sich viele Menschen mit CF leistungsfähig wie nie zuvor. Zugleich ist die Geburt und das Heranwachsen eines Kindes neben schönen Momenten auch mit großen Herausforderungen, vielen neuen Aufgaben und einer gewissen Leistungserwartung, insbesondere an Mütter verbunden. Vielen Menschen mit CF sieht man ihre Erkrankung heute nicht mehr an. Trotzdem müssen viele ihr tägliches Therapiepensum absolvieren und haben einen höheren Regenerationsbedarf als Gesunde. Sie können nach wie vor pulmonale Exazerbationen und andere akute gesundheitliche Probleme bekommen. Deshalb ist es wichtig, sich von Anfang an und langfristig die Hilfe des anderen Elternteils sowie weiterer Familienangehöriger und Freunde zu sichern und evtl. auch immer wieder die eigenen Erwartungen zu überdenken. Im Falle einer Überforderung oder bei konkretem Hilfebedarf kann auch das CF-Behandlungsteam involviert werden, um z.B. Hilfe im Haushalt zu organisieren oder psychologische Unterstützung zu vermitteln.

Mehr Informationen rund um die Schwangerschaft bei CF sowie Tipps zur Ernährung und zum Verhalten bei speziellen Problemen finden sich in der Broschüre „Mukoviszidose und Schwangerschaft“ des Muko e.V. (als Büchlein zum Bestellen oder im PDF-Format) auf der Website des Muko e.V.: www.muko.info/ angebote/mediathek/publikationen/kategorie/fuer-jugendliche-erwachsene#c12368.

*Closed-Loop-System: Verbindung einer kontinuierlichen Blutzuckermessung mit einer Insulinpumpe zur sensorgesteuerten Insulintherapie

Referenzen:

  1. Cystic Fibrosis Foundation Patient Registry 2021 Annual Data Report. 2021.
  2. Jain R, Kazmerski TM, Zuckerwise LC, West NE, Montemayor K, Aitken ML, et al. Pregnancy in cystic fibrosis: Review of the literature and expert recom-

mendations. Journal of cystic fibrosis: official journal of the European Cystic Fibrosis Society. 2022;21(3):387-95.

Dr. Patience Eschenhagen

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