Zuletzt aktualisiert am 22.05.2017 von
Patienten
Die Nachsorgeklinik Tannheim praktiziert einen medizinisch-therapeutischen Behandlungsansatz, der auf die Rehabilitation von Familien mit krebs-, herz- und mukoviszidosekranken Kindern, Jugendlichen und jungen Erwachsenen abgestimmt ist. Zudem wird eine Rehabilitation für Familien angeboten, die ein Kind verloren haben. In Ausnahmefällen werden auch Patienten mit anderen Indikationen aufgenommen.
Die Rehabilitationsmaßnahmen werden in vierwöchigen Zyklen durchgeführt. Es findet eine gemeinsame An- und Abreise statt, sodass sich in den Rehabilitationen eine Gruppendynamik entwickeln kann, die vom therapeutischen Team gezielt unterstützt wird.
Lage und Größe
Die Klinik liegt auf 790 m Meereshöhe, 10 km südlich von Villingen-Schwenningen. Sie wurde 1997 eröffnet und ist eine gemeinnützige GmbH, deren Gesellschafter die Selbsthilfevereinigungen der Patienten (Mukoviszidose e.V., Elterninitiative herzkranke Kinder Tübingen e.V., Arbeitsgemeinschaft der baden-württembergischen Förderkreise krebskranke Kinder) und die Deutsche Kinderkrebsnachsorge – Stiftung für das chronisch kranke Kind, sind. Das Erholungsgebiet Schwarzwald zeichnet sich durch eine sehr gute Umweltqualität aus. Der Bodensee und die Schweiz sind in weniger als einer Autostunde erreichbar.
Die Klinik verfügt über 145 Betten, die zu etwa 35% von onkologischen und je 25-30% von kardiologischen und Mukoviszidosepatienten belegt sind. 10% belegen andere Indikationen sowie verwaiste Familien. Die Patienten wohnen in behindertengerechten Appartements mit Nasszelle und Kochgelegenheit. Die Klinik verfügt über alle notwendigen räumlichen Voraussetzungen für eine erfolgreiche medizinische und psychosoziale Rehabilitation.
Personelle Ausstattung
Unser Ziel ist es, den Familien eine umfassende Hilfe bei der Bewältigung chronischer Erkrankungen zu bieten, welche sowohl die medizinischen als auch die psychosozialen / pädagogischen Aspekte berücksichtigt. Für die verschiedenen Krankheitsgruppen stehen erfahrene Therapeuten mit langjähriger Universitätsausbildung zur Verfügung.
Medizinischer Bereich
Dr. Hans-Peter Grüttner für die Patienten mit hämatologisch-onkologischen Erkrankungen, Dr. Susanne Posselt für die Patienten mit Mukoviszidose und Dr. Thomas Borth-Bruhns für die kardiologischen Patienten.
Drei weitere Fachärzte betreuen neben den Patienten die weiteren Familienangehörigen, die in Tannheim als eigenständige Patienten mit dem gesamten diagnostischen und therapeutischen Angebot versorgt werden.
Außerdem gibt es eine physio- und sporttherapeutische Abteilung.
Psychosozialer / Pädagogischer Bereich
Die Abteilung besteht aus Psychologen, Sozialpädagogen, Erzieherinnen, Kunsttherapeuten, Ergotherapeuten, Heilpädagogen, Lehren, Reittherapeuten und Freizeitpädagogen.
Die Kinder werden tagsüber in Gruppen betreut. Außerdem verfügt die Klinik über eine eigene Privatschule, sodass schulische Defizite bei Patienten und begleitenden Geschwistern aufgefangen werden können.
Kontakt
Nachsorgeklinik Tannheim
Gemeindewaldstraße 75
78052 VS-Tannheim
Telefon: 0 77 05 – 9200
www.tannheim.de
Ärztlicher Leiter: Dr. Hans-Peter Grüttner
Fachbereich Mukoviszidose: Dr. Susanne Posselt
Meine Erfahrungen in der Nachsorgeklinik Tannheim (2001)
Tannheim liegt im Süden Deutschlands im Schwarzwald in Baden-Württemberg. Neben Krebs- und Herzkrankheiten hat sich die Nachsorgeklinik auch auf die Rehabilitation von Mukoviszidose-Betroffenen spezialisiert. Die Kosten für die Kur werden nur von den Krankenkassen getragen. BfA und LVA bewilligen eine Reha nur in Ausnahmefällen. Bisher war ich fünf mal in Tannheim, das letzte mal im Dezember 2001 mit zwei anderen CF-Betroffenen. Von Berlin bis nach Tannheim (ca. 800 km) waren wir 8 Stunden mit dem Auto unterwegs, je nach Verkehrs- oder Wetterlage kann es bis zu 10 Stunden dauern.
Die Durchgänge werden getrennt nach Pseudomonas positiv und negativ und sind für Jugendliche, Erwachsene und Familien. Die Familienbetreuung ist das besondere an Tannheim. Denn auch die CF beschränkt sich nicht nur auf den Patienten, sondern mit Diagnosestellung verändert sich das Leben der ganzen Familie. Es entstehen Konflikte und Probleme innerhalb der Familie, die sich durch lange Krankenhausaufenthalte und Streitereien mit Behörden noch verstärken. In der Nachsorgeklinik können alle Familienmitglieder zusammen mal etwas schönes erleben. Eltern können sich fallen lassen, gesunde Geschwisterkinder können in die Therapie des Kranken mit einbezogen werden, um es besser zu verstehen und um sich nicht ausgeschlossen zu fühlen. Mitarbeiter aus allen Bereichen – Geschäftsleitung, Verwaltung, Hauswirtschaft, Küche, Reinigungsservice, Medizinische Abteilung, Physiotherapie, Schule und Kindergruppen, psycho-soziale Abteilung – rotieren rund um die Uhr, um es den Rehateilnehmern so angenehm wie möglich zu machen. Alle arbeiten eng zusammen und können jederzeit eingreifen, wenn es irgendein Problem gibt, bei Sorgen hat jeder ein offenes Ohr. Das gesamte Team macht auf mich einen sehr qualifizierten und motivierten Eindruck.
Die Klinik ist mit ihren warmen Farbtönen und ihrer Ausstattung optisch sehr ansprechend gestaltet, ein Haus so richtig zum wohlfühlen. Die Zimmer sind gemütlich eingerichtet und haben alle ein eigenes Bad mit Dusche. Bei den Familienzimmern ist eine kleine Küche integriert. Wir waren im Jugendflügel untergebracht. Dort gibt es für alle Jugendlichen eine gemeinsame Küche. Wer im Zimmer telefonieren möchte, zahlte bisher einmalig 20 DM für die Freischaltung, Gebühren extra. Die Klinik liegt in einem kleinen Ort. Einkaufsmöglichkeiten, Kinos oder Restaurants bieten sich in den nahe gelegenen Orten Villingen und Schwenningen, sie sind nur mit dem Auto erreichbar. Von der Klinik werden aber je nach Bedarf Einkaufsfahrten mit dem Kliniktransport organisiert.
Am Anfang der Reha fallen die üblichen Untersuchungen wie BGA, Blutbild, Lufu, EKG und Sputum an. Danach hat jeder ein Aufnahmegespräch bei einem Arzt und bei einem Psychologen, um den weiteren Ablauf zu planen, z.B. den Therapieplan. Die Physiotherapie ist Pflicht, je nach Zustand des Patienten dauert eine Behandlung 30-45 Minuten. Die Patienten werden in fünf verschiedenen Räumen einzeln betreut, auch am Samstag. Bei der ersten Behandlung macht sich der Physiotherapeut ein genaues Bild vom Gesundheitszustand, bevor er mit der Therapie beginnt. Dazu gehören heiße Rolle, Ausstreichungen, Kontaktatmung, Vibrationen, Drehdehnlagerungen, Pezziball, Flutter, Pustestifte, Hustentraining usw. Neben der KG ist das Ergometertraining ein wichtiger Bestandteil der Therapie. Beim Training werden Puls und die Sauerstoffsättigung vor, während und nach dem Fahrrad fahren gemessen. Ich fahre immer mit Sauerstoff, da ich über längere Zeit deutlich unter 90% liege. Tragbare Sauerstofftanks bekommt man in der Medizinischen Abteilung.
Weiterhin stehen eine Sporthalle, ein Fitnessraum, eine Bäderabteilung (Massage, Sauerstoffbad, Schlammpackungen) und eine Schwimmhalle mit verschiedenen Sprudelquellen zur Verfügung. Angeboten oder verschrieben werden auch Kunst- und Ergotherapie. Wer noch nie zur Kur gefahren ist, braucht keine Angst haben, dass er durch das gesamte Programm geschliffen wird. Mit seinem zuständigen Arzt kann man offen reden, wenn man etwas aus irgendwelchen Gründen nicht machen kann oder machen möchte. Medikamente sollten möglichst für alle 4 Wochen mitgebracht werden, sie können notfalls aber auch per Rezept bestellt werden. Eine antibiotische intravenöse Behandlung ist in Tannheim möglich. Besser ist es natürlich, vor der Reha eine IV zu starten, damit man fit ist und der Aufenthalt ein voller Erfolg wird und man anschließend lange Zeit nicht ins Krankenhaus muss. Das ist die beste Voraussetzung dafür, dass die Krankenkasse beim nächsten Kurantrag wieder positiv entscheiden wird. Ich habe schon oft eine IV-Therapie bekommen oder weitergeführt, weil es mir bereits vor der Anreise körperlich schlecht ging und ich bis zur Reha lange im Krankenhaus lag.
Die Küche ist sehr gewöhnungsbedürftig mit eigenartigen Zusammenstellungen. Wer keine Spätzle mag, hat schlechte Karten, aber wir konnten die Beilagen z.B. durch Kartoffeln ersetzen lassen. Wunschkost gibt es nicht. Die Nahrung ist angereichert. Frühstück gibt es um 8:00 Uhr, Mittag ist ab 12:00 Uhr und Abendbrot ab 18:00 Uhr. Da wir uns manchmal überhaupt nicht mit dem Essen anfreunden konnten, sind wir nach Villingen zum Kochlöffel gefahren, dort gibt sehr preiswert alles was man vom Imbiss kennt (Currywurst, Hähnchen, Salate, Burger, Pommes, Pizza, Chickenwings usw.). Zwischenmahlzeiten werden jeden Vormittag aufs Zimmer gebracht, drei der angebotenen Zwischenmahlzeiten kann man als CF-Patient wählen. Zusatznahrung kann jeder so viel bestellen, wie er möchte. Getränke werden vom behandelnden Arzt verschrieben, zur Auswahl stehen Multivitaminsaft, Apfelsaftschorle und Wasser, sie werden von einem Zivi aufs Zimmer geliefert. Beim letzten Aufenthalt mussten wir über drei Tage ein Ernährungsprotokoll führen, das von einer Diätassistentin ausgewertet wurde.
Das Freizeitprogramm wird zu Beginn der Reha besprochen und kann von den Teilnehmern aktiv mitgestaltet werden. Am meisten freue ich mich immer auf den Europapark Rust. Während jeder Reha lädt der Europapark Interessierte zu einem kostenlosen Besuch ein. Tannheim bietet außerdem einen Pferdestall. Kinder können dort reiten oder neben Pferden auch Ziegen und Hasen unter Anleitung versorgen. Freizeitangebote gibt es viele. Es stehen ein Fernsehraum, eine Bibliothek, Spieleausleih, Billiard, Tischfußball, Computer mit Internetzugang (nicht kostenlos), Kaminecke, Spielplatz mit Schaukeln und Tischtennis zur Verfügung. Weiterhin gibt es einen Waschraum mit Trockner und Bügeleisen. Die Cafeteria im Hause bietet eine große Auswahl an Speisen und Getränken (auch Alkohol). Außerdem kann man dort Postkarten, Briefmarken und Waschmarken (für Computer und Waschmaschine) erwerben.
Leider vergehen die 4 Wochen in der Nachsorgeklinik Tannheim immer viel zu schnell. Ich genieße jeden Aufenthalt, vor allem weil ich mich dort nicht nur wie irgendeine Nummer auf einem Blatt Papier fühle. Es wird der ganze Mensch behandelt, nicht nur eine kranke Lunge oder eine geschädigte Bauchspeicheldrüse. In Tannheim kann ich den Alltag hinter mir lassen, ich kann wieder Kraft tanken und mich neu definieren.
Jana Zimmermann