Zuletzt aktualisiert am 09.05.2017 von
Bei der Geburt eines mukoviszidosekranken Kindes ist dessen Lunge nicht von Krankheitskeimen besiedelt und die Bronchialschleimhaut ist intakt und morphologisch ohne Schädigungen.
Im Verlauf der Mukoviszidoseerkrankung treten in unterschiedlicher Häufigkeit und Schwere rezidivierende Infektionen der Atemwege auf, die zunächst vorwiegend durch die Bakterien Staphylokokkus aureus und Haemophilus influenzae ausgelöst werden.
Wahrscheinlich bahnen diese Keime den Weg für die Besiedelung der Lungen mit den mucoiden Varianten des für Mukoviszidosepatienten problematischen Bakteriums Pseudomonas aerugionosa.
Die chronische Besiedelung der Atemwege mit Pseudomonas aerugionosa tritt meistens nach dem 10. Lebensjahr auf, wird aber auch schon im Vorschulalter beobachtet. Im Erwachsenenalter sind über 80% aller CF-Patienten mit diesem Pseudomonaskeim besiedelt. Leider haben die mucoiden Varianten von Pseudomonas aeruginosa die Eigenschaft, “Schutzhüllen” aus Alginat zu bilden. Diese Hüllen erlauben es den Keimen, sich in kleinen Kolonien zusammenzulagern und behindern damit die Wirkung der Antibiotika erheblich. Es wird dadurch eine dauerhafte Vernichtung dieser Bakterien in der Regel unmöglich.
Die für die Prognose und Lebensqualität der Patienten mit Mukoviszidose einen erheblichen Einschnitt bedeutende Pseudomonasinfektion zeigt ihre Problematik durch die Anpassungsfähigkeit dieses Erregers auf Grund der Fehlkonstruktion der Zellen der Bronchialschleimhaut bei CF und durch die infektiös entzündlichen Veränderungen, die zur Zerstörung der Lunge führen.
Bei der Behandlung beginnt das Wechselspiel zwischen Bakterien und Antibiotika. Pseudomonasbakterien haben die Fähigkeit zur Zerstörung bestimmter Antibiotika (z. B. der Cephalosporine). Daneben regen die Antibiotika die Bakterien zur Bildung von Fermenten an, die andere Antibiotika zerstören (Laktamasen, Aminogykosidasen). So haben wir erst in den letzten Jahren erfahren, über welche im Erbgut fixierten Anpassungsmöglichkeiten die sonst eigentlichen harmlosen Pseudomonasbakterien bei Mukoviszidosepatienten verfügen. Die medizinische Forschung sucht natürlich auf Grund dieser Erkenntnisse nach neuen Möglichkeiten, um in den Wettlauf zwischen antibiotischer Therapie und Resistenzentwicklung die “Nase vorn” zu haben.
Regelmäßige und sorgfältige bakteriologische Untersuchungen mit umfangreicher Testung der zur Verfügung stehenden Antibiotika sind deshalb unbedingt Voraussetzung für einen positiven Behandlungserfolg.
Zu den allgemeinen hygienischen Maßnahmen gehören die Informationen der betroffenen Patienten und deren Angehörigen über die Möglichkeiten einer Übertragung. Pseudomonas ist ein “sog. Feuchtkeim” und kann überall dort vorhanden sein, wo Wasser ist.
Als Hauptrisikoquellen gelten besonders die Abflüsse von Waschbecken und Toiletten. Besonders wenn das Wasser lange in den Abflüssen gestanden hat, kann die Keimzahl hoch sein. Nachlaufendes frisches Wasser verringert die Keimzahl und damit die Infektionsgefahr. Elektrisch beheizte Abflüsse, in denen Pseudomonaden nicht überleben, werden diskutiert.
Die Behandlung der Patienten mit Pseudomonas-Erstmanifestation kann unter Umständen ambulant durch eine 14-tägige orale Einnahme eines Chinolons (z. B. Ciprofloxacin) in Kombination mit Antibiotika-Inhalationen (Tobramycin oder Colestin) erfolgen.
Bei chronischer Infektion (Kolonisation mit Pseudomonas aeruginosa) behandeln einige Spezialambulanzen die Patienten alle 3 Monate mit 14-tägigen Spritzenkuren, auch bei relativ stabilem Gesundheitszustand (dänisches Modell).
Normalerweise ist eine intravenöse Antibiotikaanwendung ein Grund zur stationären Krankenhausbehandlung. Um besonders bei Jugendlichen und Erwachsenen-Patienten den Lebensalltag möglichst gering zu beeinflussen, besteht auch die Möglichkeit, die intravenöse Antibiotikabehandlung zu Hause durchzuführen. Außerdem besteht nach entsprechender Resistenzdiagnostik bei Patienten mit chronischer Pseudomonasbesiedlung die Möglichkeit einer Langzeitbehandlung mit einem inhalativen Antibiotikum im häuslichen Milieu.
Bei akuten pulmonalen Exacerbationen wird aber meist die stationäre i.v.-Therapie bevorzugt. Dabei sollten Patienten mit resistenten Pseudomonasstämmen in den ersten 5 – 7 Tagen der Antibiotikabehandlung keinen Kontakt mit anderen CF-Patienten haben. Eine Trennung von stationär behandelten Mukoviszidosepatienten mit Pseudomonas aeruginosa und nicht besiedelten Patienten ist unverzichtbar.
Krankenhauspatienten mit anderen Erkrankungen können unproblematisch zu CF-Patienten mit Pseudomonas dazugelegt werden, da für sie keine erhöhte Infektionsgefahr besteht. Händedesinfektion vor und nach jedem Patientenkontakt sind unbedingt notwendig. Wichtig ist auch die Information und Schulung des häufig wechselnden stationären Reinigungs-personals.
Sehr wichtig ist der richtige Umgang mit Inhalationsgeräten. Selbstverständlich ist, dass jeder CF-Patient seinen eigenen Inhalator benutzt! Die mit Atemluft und Feuchtigkeit in Berührung kommenden Teile müssen nach der Benutzung ständig getrocknet werden, damit sich keine Pseudomonaskeime ansiedeln und in die tiefen Atemwege inhaliert werden. Grundsätzlich sollte vor jeder Inhalation gründliches Händewaschen selbstverständlich sein.
Bei Beachtung aller hygienisch notwendigen Verhaltensregeln und Ausschaltung der wenigen problematischen Situationen, wie direktes Aushusten usw., gibt es – und das wird auch durch Untersuchungen aus jüngster Zeit untermauert – keine Hinweise, dass bei normalen sozialen Kontakten zwischen Mukoviszidosepatienten, das Infektionsrisiko höher als im Alltag ist.
Dr. med. H. Generlich